Im Hof- und Staatshandbuch von 1828, unter Ludwig I. (1786-1868, Regierung von 1825-1848) wurden 488 Kämmerer genannt und 29 Kammerjunker, die von 1826 bis 1828 ernannt worden waren. Das älteste Patent stammte von 1767, erteilt dem Grafen von Lösch. Nach dem ,,Hof- und Staatshandbuch“ für das Jahr 1849 unter Maximilian II. (1811-1864, Regierung 1848) hatte sich die Zahl der Kämmerer gegenüber 1828 um 67 verringert. Es gab 421 Kämmerer, aber 172 Kammer- und fünf Hofjunker. Damit hatte Bayern im Vergleich zu 1828 insgesamt 148 Junker mehr.
Ludwig II. (1845-1886, Regierung 1864) wurde im Alter von noch nicht ganz 19 Jahren König. Mit den Staatsgeschäften beschäftigte er sich recht wenig. Zunächst lebte er auf Schloß Berg am Starnberger See. Seine Haupt- und Residenzstadt besuchte er selten. Ludwig lebte menschenscheu und zurückgezogen meist in seinen neu erbauten Schlössern Linderhof und Neuschwanstein. Das Hofleben in München ging ohne die Anwesenheit des Königs weiter, nach altem Ritus und alter Überlieferung. Dazu gehörte auch der Kämmererstab, der sich nicht veränderte. Nachdem die Ärzte Ludwig für geisteskrank erklärt hatten, wurde er am 8. Juni 1886 auf Schloß Berg interniert. Fünf Tage später ertrank König Ludwig im Starnberger See.
Dem Namen nach wurde König Ludwigs jüngerer Bruder, Otto (1848-1916), der ebenfalls geisteskrank war. Die Regentschaft übernahm Prinz Luitpold (1821-1912), ein Onkel der beiden Könige. Luitpolds Sohn erklärte 1913 die Regentschaft für beendet und regierte als Ludwig III. (1845-1921) und letzter bayerischer König bis zum Jahre 1918.
In allen ,,Hof- und Staatshandbüchern“ des Königreiches Bayern bis zum Jahre 1914 wurden immer 300 und mehr Kämmerer namentlich genannt. Von den Namen her folgte meist der Sohn dem Vater oder dem Großvater. Zwar wurden keine Erbkämmerer ausgewiesen, aber offensichtlich blieb man ganz unter sich. Zu den über 300 Kämmerern der Jahre nach 1871 kamen hinzu 100 oder mehr Kammerjunker und noch einige Hofjunker. 1914 bei Ausbruch des ersten Weltkrieges hatte Bayern ca. 400 Kämmerer, rund 150 Kammerjunker und sieben Hofjunker. In zahlreichen bayrischen, Hofkalendern bzw. Hof- und Staatshandbüchern wurden in den Kämmererauflistungen auch hohe und höhere Offiziere geführt. 1819 hatte Bayern 19 Generalleutnants, davon waren acht Kämmerer. Von 29 Generalmajoren hatten sieben das Kämmerer-Patent. Drei schon pensionierte Generalleutnants trugen ebenfalls den goldenen Schlüssel. Von den 332 Kämmerern, 82 Kammerjunkern und vier Hofjunkern, die 1877 geführt wurden, waren wiederum mehrere höhere Militärs.
Kurbayerischer Kammerherrenschlüssel um 1750
Dieser kurbayerische Kammerherrenschlüssel stammt wohl aus der Regierungszeit Maximilian III. Joseph (1745-1777).


Maximilian III., Joseph (1727-1777, Regierung 1745) übernahm die Herrschaft im Alter von 18 Jahren. Er war der letzte im Mannesstamm der Kurlinie Bayern-München. Der Kurfürst ernannte 1745 an seinem Namenstag 27 neue Kämmerer und 1746 aus gleichem Anlass waren es 26 weitere. 1763 hatte Bayern 331 Kämmerer.


Der Schlüssel besteht aus heller Bronze / Messing und ist feuervergoldet mit polierten Kanten. Er zeigt beidseitig unter dem Kurhut den gevierten bayrischen Wappenschild mit aufgelegtem Herzschild. Im Feld 1 und 4 des Hauptschildes die bayerischen Wecken; im Feld 2 und 3 der pfälzische Löwe. Das Herzschild zeigt den Reichsapfel des Erztruchsessen-Amtes. Unter dem Wappen die Orden vom goldenen Vlies und St. Hubertus-Ordens. Darunter, über dem Schaft auf verzierten Hintergrund, die Chiffre „M“. Die Details der Ornamentik sind teils aufwändig punziert.



Das Stück ist ca. 196 mm lang und wiegt 168 g.
Bei vergleichenden Recherchen im Internet war es mir nicht möglich einen genau gleichen Schlüssel zu finden. Ich konnte drei Versionen finden, jedoch keinen mit genau diesem hier gezeigten Kurhut. Dies mag an der über 30jährigen Regierungszeit des Maximilian III. Joseph liegen, in der es scheinbar immer wieder zu kleinen Veränderungen in der Anfertigung gekommen sein muss. Die recht einfache Art des Kurhuts mit nur einem mittigen Perlreif könnte auf eine Anfertigungszeit am Anfang der Regierungszeit schließen lassen.
Die verliehenen Schlüssel bestanden aus vergoldeter Bronze und zeigten unter Krone das offene verschlungene Monogramm „MJ“. Die überlieferten Schlüssel sind von etwas unterschiedlichem Aussehen. Verändert gezeigt wurden die Monogramm-Umrahmungen und die Schlüsselbärte. Die Unterschiede bei den königlichen Schlüsseln lassen sich damit erklären, dass mehrere Hersteller beauftragt waren, um möglichst schnell den fast 400 Kämmerern neue Schlüssel übergeben zu können. Unter Prinz Luitpold (1886-1912) gab es die herkömmliche Schlüsselform. In der ersten Zeit seiner Regentschaft zeigte der verhältnismäßig große Griff vollplastisch – beidseitig – das bayrische Wappen mit den Löwen als Schildhalter. Die Schlüssel waren 17 cm lang, bestanden aus vergoldetem Messingguss. Es wurden auch Silberschlüssel bekannt mit der Herstellungsbezeichnung: C. Weisshaupt. In der Zeit um 1900 und danach gab es ein anderes Schlüsselmodell. Der Griff war zierlicher, das kleine Wappen hatte eine Umrahmung im barocken Stil erhalten und der Bart war verändert worden. Bei dieser Schlüsselform blieb es bis zum Ende der Monarchie. Im Königreich Bayern wurden die Kämmerer-Schlüssel mit unterschiedlichen Dekorationen getragen. Sie wurden bedeckt mit einer Dekoration, ebenfalls über dem Schlüssel getragen, welche aus einer sternförmigen Silberstickerei – im Zentrum eine Krone – mit zwei herabhängenden Quasten bestand. Unter dem letzten bayrischen König Ludwig III. (1845-1921), der 1913 die Regentschaft für beendet erklärte und bis 1918 regierte, gab es keine veränderten Schlüssel, aber die sternförmige Dekoration mit den herabhängenden goldenen Quasten zeigte im Zentrum keine Krone, wie zur Zeit der Regentschaft, sondern das königliche Monogramm „L“ ähnlich dem aus der Zeit Ludwigs II.
Königlich bayerischer Kammerherrenschlüssel aus dem Jahr 1818
Maximilian Joseph IV. (1756—1825), Herzog von Pfalz-Zweibrücken (seit 1795) und Kurfürst von Pfalz-Bayern (seit 1799) wurde am 1. Januar 1806 zum ersten König Bayerns proklamiert.
Das Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern von 1819 nennt insgesamt einen Oberst-Kämmerer und 475 Kammerherren, wovon der König 236 Kammerherren von seinem Vorgänger übernommen und 239 bis zum Jahre 1819 selbst ernannt hatte. Das älteste Patent stammt dabei aus dem Jahr 1757.
Die Erlangung der Kämmererwürde war in der Regel mit der Zahlung von Gebühren (Taxen) für die Verwendung des Siegels (Dekret) und Überlassung des Kammerherrenschlüssels verbunden. Ferner war eine besondere Uniform am Hof vorgeschrieben, welche sich der Kammerherr selbst zu beschaffen und natürlich auch selbst zu bezahlen hatte. In besonderen Fällen konnte die Ernennung zum Kammerherren jedoch auch taxfrei geschehen. Auch wenn es dem Ernannten Geld kostete, verschaffte doch der Titel, mit den damit verbundenen Möglichkeiten wirtschaftlichen und beruflichen Aufstiegs, ein großes gesellschaftliches Ansehen.
War es in den Anfängen immer damit verbunden als Kammerherr Dienst direkt und unmittelbar beim König oder Fürsten leisten zu müssen, gab es später mehr und mehr Kammerherren, welche lediglich den Titel trugen, aber in der Regel nicht mehr zum eigentlichen Kammerherrendienst herangezogen wurden. Diese wurden teils auch als Titular-Kammerherren geführt.
Unter den im Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern von 1819 genannten Kammerherren finden sich zwei Mitglieder aus der Familie der Grafen von Verri.

Die Grafen Verri de la Bosia stammen aus einer alten Patrizierfamilie der Stadt Alba im Piemontesischen. Die Mitglieder derselben waren Vasallen des Königreichs Sardinien. Jacob DOMINICUS Verri de la Bosia wurde vom König Vietor Amadeus von Sizilien am 20. März 1724 mit dem vierten Teil der ehemaligen Comecia Bosia belehnt und erhielt die Grafenwürde. Während der französischen Herrschaft in Italien ging aber dieses Lehen für die Familie verloren. Von Jacob DOMINICUS stammte Jacob BONAVENTURA, gest.1784, und von Letzterem, Joseph Ascan Verri della Bosia, genannt v. Külberg auf Gansheim und Berg, geb. am 5. Okt. 1756 in Alba, ab, welcher zuerst nach Bayern kam, die k. bayerische Bestätigung des ihm zustehenden Grafentitels am 25. Okt. 1816 erlangte und als k. bayer. Kämmerer und Oberst à la suite am 5. Okt. 1828 starb.
Der Sohn desselben war nach dem Tod seines Vaters Oberhaupt der gräflichen Familie:
Carl Ascan Graf Verri della Bosia, geb. am 26. Mai 1790 in Neuburg an der Donau, k. bayer. Kämmerer, General-Major, Kommandeur der I. Armee-Division und General-Adjutant des Königs, verheiratet am 12. Mai 1816 mit Friederike Catharina Jordis.
Letztgenannter begann seine Ausbildung bereits im Jahr 1803 bei der k. bayer. Pagerie und beendete dort seine Ausbildung zum 7. Okt. 1806 als Lieutenant des Leibregiments. Er war Ritter der franz. Ehrenlegion seit dem 31. Mai 1806. Mit Dekret vom 12. März 1818 wurde ihm als Hauptmann im 1. Linien-Infanterie Regiment die königliche Kämmerer-Würde verliehen. Mit Armeebefehl vom 4. Nov. 1851 (Urkunde v. 12. Nov.) wurde die Verleihung des Ehrenkreuzes des bayer. Ludwigs-Orden an ihn bekannt gemacht; mit Armeebefehl vom 28. Feb. 1852 (Urkunde v. 1. März) die Verleihung des Ritterkreuzes des Verdienstordens der bayerischen Krone. Ferner war er Inhaber des russischen Stanislaus-Ordens 2. Klasse. Gem. Armeebefehl vom 1. Okt. 1853 wurde er als Generalmajor und Brigadier der 1. Armee-Division pensioniert. Er verstarb am 2. Aug. 1878 in München.
Die Verleihung der Kämmerer-Würde wurde ihm mit Schreiben des königlich baierischen Oberst-Kämmerer-Staabs-Amts vom 15. März 1818 bekannt gemacht.

Für diejenigen, welche des Lesens der alten Schrift nicht mächtig sind, füge ich die Übersetzung hier bei:
An den Carl Ascan Grafen Verri, Hauptmann im K. baierischen I. Infanterie Regiment und Ritter
der K. französischen Ehren-Legion.
Demselben wird hiermit die Eröffnung gemacht, daß Seine Majestät sich auf dessen Ansuchen huldvollest bewogen gefunden haben ihm die gebettene Kämmerer Würde Taxfrey in Gna-
den zu verleihen.
Gedachter Graf von Verri hat demnach Dekret und Schlüssel bey dem Kämmerer-Fourieramte abzulangen.
München den 15. März 1818.
Grf von Thurn und Taxis
Bayerischer Oberst Kämmerer
Es folgt das Dekret:

Übersetzung:
Tax und Siegel frey
Maximilian Joseph von Gottes Gnaden König von Baiern etc. etc.
Wir haben Uns allergnädigst bewogen gefunden den Carl Ascan Grafen von Verri, des 1ten Linien-In-
fanterie Regiments Hauptmann in die Zahl Unserer Kämmerer aufzunehmen, und lassen demselben gegenwärtiges von Uns eigenhändig unterzeichnete und mit Unserm größeren geheimen Insiegel versehene Dekret zu seiner desfallsigen Legitimation zustellen.
München am 12ten März 1818
Max-Joseph R – Graf v. Rechberg
Dekret für Carl Ascan Grafen von Verri
des 1ten Linien-Infanterie Regiments Hauptmann
als Königl. Kämmerer
Auf Königlich allerhöchsten Befehl
der General Sekretär
v. Baumüller

Der verliehene Schlüssel besteht aus vergoldeter Bronze und zeigt unter der Krone das offene, verschlungene und poliertem Monogramm „MJ“ in einer spangenförmig geformten und verzierten Umrahmung. Unter der Reide ein oben verzierter, sonst glatter Schaft mit glattem Bart. Der Bart vierfach gelocht. Am Ende des Schafts ein kugelförmiger Abschluss. Der Schlüssel ist 151 mm lang und wiegt 72,6 g.


Das Papier des Eröffnungsschreibens besitzt ein Wasserzeichen in Form eines Posthorns mit oben liegender Verzierung. Der Papierhersteller konnte von mir bisher nicht ermittelt werden.

Auf dem Dekret befinden sich zwei Wasserzeichen, welche der Papiermühle Kempten zugeordnet werden können:
1. Das Konterfei des Königs mit ebensolcher Umschrift, und
2. das vom Königreich Bayern ab 1806 geführte Staatswappen.


Königlich bayerischer Kammerherrenschlüssel vor 1900
Dieser Bronze vergoldete, königlich bayerische Kammerherrenschlüssel ist 176 mm lang und wiegt 127,5 g.



Folgt man DUWE soll er aus der Zeit unter Prinzregent Luitpold (1886-1912), aber aus der Zeit vor 1900 stammen. Letztlich scheint sich diese Angabe aber auf einen Auktionstext der Fa. Graf Klenau (September 1974) zu stützen, da andere Quellen nicht angegeben werden.
Stutzig wurde ich darüber jedoch, als ich einen identischen Kammerherrenschlüssel in einer Hermann Historica Auktion fand. In dieser Auktion wurden gut eine Hand voll Kammerherrenschlüssel aus der Familie Freiherrn von Leonrod versteigert. Die dort versteigerten Schlüssel waren alle mit recht glaubhaft dargestellten Kärtchen versehen, welche die Inhaber der Schlüssel angegeben haben. Die Zuordnungen der Namen zu den Schlüsseln waren auch recht glaubhaft nachvollziehbar. Demnach soll es sich um einen aus vergoldeter Bronze gefertigten, fein ziselierten und feuervergoldeten Kammerherrenschlüssel aus der Regierungszeit (1806-25) König Maximilian I. Joseph von Bayern handeln. Die Reide als großes Bayerisches Staatswappen, mit drei Ordensketten (Hubertus, Georg und MMJO) versehen.
Die anhängende, alte Familien-Notiz lautete „Bayerischer Kammerherrenschlüssel des Karl Ludwig Frhrn. v. Leonrod“. Gem. bay. Staatshandbüchern wurde dieser im Jahre 1796 zum bayerischen Kammerherren ernannt.
Dass es sich dabei nicht um einen Schlüssel aus der Zeit handelt bevor Bayern Königreich wurde, ist wegen dem auf den Schlüssel dargestellten Wappen unstrittig. Das der ursprüngliche, Leonrodsche Schlüssel nach einem Regierungswechsel ausgetauscht wurde wäre in Bayern, wo nahezu jeder Herrscher andere Schlüssel verlieh, nachvollziehbar. Verstorben ist besagter Leonrod im Jahre 1859 (geb. 1774). Der Austausch hätte also zwischen den Jahren 1807 und 1859 stattfinden müssen, weshalb Luitpold (Regentschaft von 1886-1912) den Austausch nicht mehr hätte vornehmen können.
Das dargestellte Wappen mit Schwert und Zepter im Herzschild war bayerisches Staatswappen vom 20.12.1806 bis zum 17.10.1835. Wenn ich die Anzahl der Orden (drei) auf dem Wappen hilfsweise zur weiteren Altersbestimmung heranziehe, dürfte dieses Wappen (mit drei Orden darunter) von 1807 bis spätestens 1818 Verwendung gefunden haben, denn ab 1819 werden bis 1835 mehr Orden unter dem Wappen dargestellt.
Nur allein auf das Wappen bezogen, würde ich deshalb die Entstehungszeit des Schlüssels abweichend vom DUWE, auf die Zeit von 1807 bis 1818 schätzen wollen. Der vom Prinzregent Luitpold um 1900 eingeführte, etwas kleinere Schlüssel mit dem bay. Staatswappen trägt das Wappen aus der Zeit ab 1835 (bis 1918), mit dem Rautenschild als Herzschild und vier Orden darunter.
Ob dennoch der in Rede stehende, hier gezeigte Schlüssel in diesem Design wie DUWE schreibt, auch noch nach Änderung des Wappens, bis zum Jahre 1900, so verliehen worden sein soll, konnte ich weder nachweisen, und deshalb auch nicht ausschließen.
Falls es dazu Hinweise gibt, die Licht hinter das Ganze bringen, würde es mich freuen weitere Informationen dazu erhalten zu können.
Königlich bayerischer Kammerherrenschlüssel aus dem Jahr 1900
Infolge der Amtsunfähigkeitserklärungen für Ludwig II. und seinem Nachfolger Otto I. übernahm Prinz Luitpold vom 10. Juni 1886 bis zum 12. Dezember 1912 die Regentschaft im Königreich Bayern als des Königreichs Bayern Verweser.
Das Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern von 1888 nennt insgesamt einen Oberst-Kämmerer und 311 Kammerherren, wovon der Prinzregent 264 Kammerherren von seinen Vorgängern übernommen und 241 bis zum Ende seiner Regentschaft selbst ernannt hatte. Das älteste Patent stammt dabei aus dem Jahr 1815.
Die Erlangung der Kämmererwürde war in der Regel mit der Zahlung von Gebühren (Taxen) für die Verwendung des Siegels (Dekret) und Überlassung des Kammerherrenschlüssels verbunden. Ferner war eine besondere Uniform am Hof vorgeschrieben, welche sich der Kammerherr selbst zu beschaffen und natürlich auch selbst zu bezahlen hatte. In besonderen Fällen konnte die Ernennung zum Kammerherren jedoch auch taxfrei, oder mit reduzierter Taxe geschehen. Auch wenn es dem Ernannten Geld kostete, verschaffte doch der Titel, mit den damit verbundenen Möglichkeiten wirtschaftlichen und beruflichen Aufstiegs, ein großes gesellschaftliches Ansehen.
Im Jahre 1900 betrug die Taxe für den Kammerherrentitel in Bayern 780 Mark. Sie setzte aus der Großen Taxe (480 Mark), der Kleinen Taxe (240 Mark) und einer Verwaltungsgebühr (60 Mark) für die Ausstellung der Urkunde, Überlassung des Dienstzeichens (Kammerherrenschlüssel), der Eintragung in das Matrikelprotokoll und der Ausschreibung im Gesetz- und Verordnungsblatt zusammen. (Das verfügbare Jahresdurchschnittsgehalt eines Arbeiters lag im Jahre 1900 bei ca. 213 Mark.)
War es in den Anfängen immer damit verbunden als Kammerherr Dienst direkt und unmittelbar beim König oder Fürsten leisten zu müssen, gab es später mehr und mehr Kammerherren, welche lediglich den Titel trugen, aber in der Regel nicht mehr zum eigentlichen Kammerherrendienst herangezogen wurden.
Unter den bayerischen Kammerherren finden auch welche aus der Familie der Grafen von Verri.
Zur kurzen Familiengeschichte der Grafen von Verri verweise ich auf die Angaben oben unter: Königlich bayerischer Kammerherrenschlüssel aus dem Jahr 1818
Der hier vorgestellte Kammerherrenschlüssel ist hohl gefertigt, vergoldet, 160 mm lang und 35,7 g leicht. Er zeigt beidseits das bayerische Staatswappen in einem barocken Rahmen. Der sonst glatte Halm ist an beiden Enden mit Ringen und Blattwerk verziert und schließt kugelförmig ab. Der Bart ist nicht ausgeschnitten und trägt ein geometrisches Linienmuster. Erhabene Flächen sind teils poliert.



Die Schlüssel wurden an einem Portepee getragen.


Zum Schlüssel haben sich zwei Urkunden erhalten deren Texte wie folgt lauten:
No. 797 – München, den 11. März 1900
Der Koeniglich Bayerische
OBERSTKAEMMERER-STAB
An
Herrn Karl Grafen von Verri della Bosia,
k. Kammerjunker und Hauptmann etc.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Regent haben das Gesuch Euer Hochgeboren um Verleihung der k. Kämmerer-Würde mit Allerhöchster Entschließung vom 10. ds. Mts. Allergnädigst zu bewilligen geruht.
An Euer Hochgeboren ergeht mit vorstehender Eröffnung zugleich die Einladung, die Allerhöchst vorgeschriebenen Taxen und Gebühren im Gesamtbetrage von 540 Mark an den Stab zu entrichten, worauf sodann die Eintragung in das Matrikelprotokoll der k. Kämmerer, die Ausschreibung im Gesetz- und Verordnungsblatte und die Zustellung des Decrets mit der Dienstes-Insignie erfolgt.
Taxen: – Graf v. Seinsheim
Große Taxe 240 M. /: Hälfte als ehm. Page :/
Aerarial-Gebühr 60 M
Kleine Taxe 240 M – Schwaiger
Sa. 540 Mk – K. Geh. Sekretär
———————-

Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Luitpold
von Gottes Gnaden Königlicher Prinz von Bayern.
Regent.
Wir haben uns allergnädigst bewogen gefunden den königlichen Kammerjunker und Hauptmann im Infanterie-Leib-Regiment Karl Grafen von Verri della Bosia, genannt von Külberg auf Gansheim und Berg, auf sein allerunterthänigstes Ansuchen zum Königlichen Kämmerer zu ernennen und laßen ihm das gegenwärtige von Uns eigenhändig unterzeichnete und mit dem großen Hof-Insiegel versehene Decret zu seiner Legimitation durch den Königlichen Oberstkämmerer-Stab hierüber zustellen.
München, den 14. März 1900
Luitpold Prinz von Bayern
Graf v. Seinsheim
Decret für
Karl Grafen von Verri della Bosia
als
Königlicher Kämmerer. – Schwaiger – K. Geh. Sekretär.

Geboren wurde Karl Joseph Askan Gabriel Graf von Verri della Bosia am 09.02.1865 in München. Er trat im Jahre 1878 in die königlich bayerische Pagerie ein und trat von dort am 08.08.1883 als Portepee-Fähnrich ins Infanterie-Leib-Regiment über. Er war Kammerjunker und im Jahre 1901 Hauptmann und Kompagnie-Chef im 6. Ostasiatischen Infanterie-Regiment. 1906 wird er als Oberstleutnant als Mitglied des bayerischen Senats beim Reichs-Militärgericht mit Sitz in Berlin und bis 1911 als Chef des Generalstabs des General-Kommandos des II. Armeekorps geführt. Er hat folgende Auszeichnungen erworben:
MVO 4. Klasse mit Krone, Jubiläums-Medaille, China-Denkmünze aus Bronze, Dienstauszeichnungs-Kreuz 2. Klasse, VO der aufgehenden Sonne Ritterkreuz 1. Klasse, Roter-Adler-Orden 4. Klasse, Kronen-Orden 3. Klasse, Albrechts-Orden Ritterkreuz 1. Klasse, Medjidie-Orden 4. Klasse, Friedrichsorden Ritterkreuz 1. Klasse.
Er starb am 09.08.1911 im Alter von 46 Jahren.
Zu den Urkunden haben sich vier Visitenkarten erhalten.

Anbei ein weiterer, hohl gefertigter Kammerherrenschlüssel in der gleichen Art wie oben beschrieben, nur hier aus vergoldetem Silber (800, Halbmond, Krone). Die Vergoldung ist noch relativ gut erhalten. Dazu kam aber auch das Portepee, unter dem der Schlüssel festgebunden wurde. Dieser Schlüssel wurde von der Firma Carl Weishaupt angefertigt. Vormals stammt der Schlüssel von der Fa. Weitze (2018), welche angab, dass dieser Schlüssel aus dem Besitz der Familie Kress von Kressenstein stammen soll.



