Prof.
Dr. phil. Dr. jur. h.c. Dr. sc. h.c. Ferdinand Friedrich Wilhelm Friedensburg, Ehrendoktor der
Wayne-Universität, der Universität von Detroit und der Columbia-Universität von
New York
* 17.11.1886 in Schweidnitz (heute Swidnica)
† 11.03.1972 in Berlin
Amtierender Oberbürgermeister Groß-Berlins
vom 14.08.1948 bis 01.12.1948
Bürgermeister Berlins von 1946 - 1951
Mitglied des Bundestages
84. Ehrenbürger Berlins seit dem 20. Oktober 1971
Inhaber der Georg-Agricola-Denkmünze für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet
des Metallhütten- oder Bergwesens und der Heinitz-Plakette des
Wirtschaftsverbandes Bergbau
Nach ihm wurde der Ferdinand-Friedensburg-Platz in
Berlin-Spandau benannt.
Großes Verdienstkreuz mit Stern aus dem
Besitz Ferdinand Friedensburg´s
(Fertigung durch Schuler & Kun)
Gem. Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender (Ausgabe 1961)
fand die Verleihung 1956 statt.
Im Bundesanzeiger, Jahrgang 8, Nr. 237,
Seite 1, vom 6. Dezember 1956 findet sich folgender Eintrag (Auszug):
Bekanntgabe von Verleihungen des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
Vom 30. November 1956
Der Bundespräsident hat den
Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland an folgende besonders verdiente
Männer und Frauen verliehen:
Das Großes Verdienstkreuz mit Stern
Prof. Dr. Ferdinand Friedensburg,
Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, M.d.B., Berlin
Bonn, den 30. November 1956
Dr. Klaiber
Faksimile der Verleihungsurkunde an Prof. Dr. Friedensburg
Gemäß Schreiben des Bundespräsidialamts, Ordenskanzlei,
vom. 14. August 2003 wurde die Urkunde am 2. August 1956 vollzogen. Überreicht
wurde ihm diese Auszeichnung jedoch erst am 17.11.1956, dem
70. Geburtstag Friedenburg´s. Ein mehrmonatiger Zeitraum
zwischen dem Vollzug der Urkunde, der Aushändigung der Ordensinsignien und der
Veröffentlichung im Bundesanzeiger sind die Regel. Überreicht wurde ihm die
Auszeichnung vom damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Otto Suhr,
anlässlich einer Feierstunde im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Großes Verdienstkreuz mit Stern und
Schulterband aus dem
Besitz Ferdinand Friedensburg´s
(Fertigung durch Steinhauer & Lück)
Prof. Dr. Ferdinand Friedensburg besaß weiterhin das
Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Diese Auszeichnung wurde ihm am
17.11.1961, anlässlich seines 75. Geburtstages vom damaligen Justizsenator
Kielinger, bei einem Empfang im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung,
überreicht. Nach Auskunft der
Ordenskanzlei wurde diese Urkunde am 1. Dezember 1961 vollzogen. In diese
Auskunft muss sich ein Fehler eingeschlichen haben, da über die Verleihung
bereits am 18.11.1961 in einer Zeitung berichtet wurde. Wahrscheinlich war
gemeint, dass die Urkunde auf das Datum vom 1. November 1961 ausgestellt worden
ist.
Ferdinand Friedensburg ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei
zählt er zu den interessantesten Persönlichkeiten der Berliner
Nachkriegsgeschichte. Sein Lebensweg weist viele ungewöhnliche Facetten auf. Von
Hause aus Naturwissenschaftler, kam der liberal-konservativ geprägte Sohn eines
Richters bereits früh mit der Politik in Berührung. Die Krönung seiner
politischen Laufbahn sollte er allerdings erst in späteren Lebensjahren
erfahren. Bedingt durch außergewöhnliche Zeitumstände, gelangte er in einer der
schwierigsten Perioden des noch von den Folgen des Krieges schwer gezeichneten
Berlin an die Spitze der Verwaltung der Stadt. Und er war es auch, der in seinem
Amte die Konfrontation zwischen den Siegermächten und in deren Folge die
endgültige Spaltung des Magistrats und die Schaffung zweier selbstständiger
Stadtregierungen unmittelbar miterleben musste. Seine oft unkonventionellen, den
vorherrschenden Auffassungen seiner Partei, der CDU, aber auch der SPD mitunter
entgegenlaufenden Ansichten über Wege und Ziele effektiver Berlin- und
Deutschlandpolitik liefern noch heute Stoff für den historisch interessierten
Betrachter.
Ferdinand Friedensburg wurde am 17. November 1886 im schlesischen Schweidnitz
geboren. Die Diskussion über politische Fragen gehörte im Hause der Familie
Friedensburg - quasi aus "dienstlichen Gründen" - zum selbstverständlichen
Alltag, spielte sein Großvater doch eine wichtige Rolle im kommunalpolitischen
Leben Schlesiens; er war Oberbürgermeister von Breslau (heute Wroclaw). 1889
siedelte die Familie nach Berlin über. Der junge Ferdinand besuchte das
Gymnasium in Steglitz und begann nach dem Abitur ein Studium an der renommierten
preußischen Bergakademie in Berlin, wo ihm eine umfassende akademische
Ausbildung, sowohl in Naturwissenschaften wie auch in Geistes- und
Rechtswissenschaften, zuteil wurde. Er arbeitete zunächst als Bergreferendar;
weitere Studien führten ihn nach Marburg und in seine schlesische Heimat nach
Breslau. Er promovierte in Geologie und legte 1914 sein Examen als Bergassessor
ab.
Bei der Rückreise von einem Amerika-Aufenthalt 1914 geriet Friedensburg, der den
Dienstgrad eines Leutnants der Reserve innehatte, bei Gibraltar in britische
Kriegsgefangenschaft. Er unternahm einen Fluchtversuch und verletzte sich dabei
so stark, dass damit jegliche Berufsausübung im Bereich des Bergbaus außer
Betracht kam. 1917 wurde er entlassen und zur medizinischen Behandlung in die
Schweiz gebracht. Dort blieb er bis Kriegsende und war für die deutsche
Botschaft in Bern tätig. Wieder zurück in Berlin, widmete er sich zunächst dem
Journalismus und berichtete für ein Schweizer Blatt über Ereignisse aus der
deutschen Reichshauptstadt. Danach begann für ihn eine Laufbahn in der
allgemeinen Verwaltung. 1920 wurde er als Landrat in den Kreis Rosenberg - einer
der Hochburgen der feudalen Großagrarier - geschickt. Mit viel Umsicht löste er
seine Aufgaben gegen den massiven Widerstand der dort ansässigen reaktionären
Junkersclique. In Berlin wurde man so auf ihn aufmerksam und so betraute ihn der
preußische Innenminister Severing 1925 mit dem Amt des Vizepräsidenten des
Polizeipräsidiums der deutschen Hauptstadt.
Die Unbeugsamkeit, mit der er in
seinem Amt für die rechtsstaatlichen Prinzipien der Weimarer Republik und gegen
jeglichen Extremismus von rechts und links eintrat, machte den Namen Ferdinand
Friedensburg bald in ganz Deutschland zu einem Begriff. Immer häufiger geriet er
dabei ins Visier der extrem-reaktionären Kräfte, die unverhohlen auf eine
Gelegenheit hinarbeiteten, die junge Demokratie auszulöschen und eine Diktatur
von ihren Gnaden zu errichten. Die Attacken waren erfolgreich; Ferdinand
Friedensburg wurde aus Berlin "weggelobt" und im Januar 1927 zum
Regierungspräsidenten von Kassel "befördert". Auch in dieser Funktion trat er
unerschütterlich für die Ideale der Weimarer Republik ein und unternahm viele
Anstrengungen, durch eine Sammlung der bürgerlichen Mitte die Herrschaft der
NSDAP zu verhindern. Der Konflikt mit den neuen Herren, die 1933 die Macht
übernommen hatten, war unausweichlich. Friedensburg wurde zunächst beurlaubt und
schließlich im September 1933 entlassen. In der Zeit der nationalsozialistischen
Herrschaft sicherte er mit wissenschaftlicher Forschungsarbeit auf seinem
Fachgebiet, dem Bergbau, sein Überleben.
Aufgrund seiner strikten politischen Enthaltsamkeit während der Zeit der
Nazi-Diktatur galt Ferdinand Friedensburg nach dem Krieg als "unbelastet" und
als geradezu prädestiniert für wichtige öffentliche Ämter. So übernahm er die
Leitung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin. Auch die
Sowjetische Militärverwaltung in Deutschland, in dem Bemühen, in die
entstehenden Verwaltungen und Organisationen sozialdemokratische, liberale und
christliche Politiker einzubeziehen, wurde auf Friedensburg aufmerksam, zumal
dieser durch eine klare Verurteilung des hitlerschen Aggressionskrieges gegen
die UdSSR und durch sein Bemühen um eine Verständigung mit Moskau das Wohlwollen
der SMAD hatte. Marschall Shukow ernannte ihn am 1. August 1945 zum Präsidenten
der Zentralverwaltung für Brennstoffindustrie in der sowjetischen
Besatzungszone. Aufgrund von Auseinandersetzungen mit seinen beiden
kommunistischen Vizepräsidenten Sobottka und Bergholz, denen er fachliche
Inkompetenz vorwarf, wurde er ein Jahr später unter dem Vorwurf der "Duldung
faschistischer Umtriebe" wieder entlassen.
Im Oktober 1946 fanden zum ersten Mal seit dem Ende der nationalsozialistischen
Herrschaft wieder Wahlen zur Berliner Stadtverordnetenversammlung statt.
Ferdinand Friedensburg, obwohl er gar nicht für die städtische Vertretung
kandidiert hatte, wurde das Amt eines Bürgermeisters übertragen. Bereits in
dieser Zeit profilierte er sich mit seinen eigenen Auffassungen zur
Berlin-Frage. Während in breiten Teilen der SPD und der CDU unter dem Druck der
Ereignisse die Auffassung um sich griff, dass nur energischer Widerstand gegen
die kommunistischen Hegemonialbestrebungen und ein festes Bündnis mit den
West-Allierten Berlin eine sichere Zukunft garantieren könnten, erkannte zwar
auch Friedensburg immer deutlicher, dass der Sowjetunion nicht daran gelegen
war, in ihrem Besatzungsgebiet pluralistische Gesellschaftsstrukturen zu
verankern, sondern dass sie statt dessen die Errichtung eines sozialistischen
Systems unter Führung der SED anstrebte. Er blieb aber der Meinung, dass nur
Kooperation und Verständigung mit der UdSSR dazu beitragen könnten, die
Konfrontation abzubauen und die Gräben der Spaltung nicht noch tiefer werden zu
lassen.
Als am 14. August 1948 die Amtierende Oberbürgermeisterin Louise Schroeder wegen
einer wesentlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zur medizinischen
Behandlung nach Hamburg ausgeflogen wurde, übernahm Ferdinand Friedensburg in
schwieriger Zeit - die Blockade der Westsektoren der Stadt durch die sowjetische
Besatzungsmacht ging bereits in die achte Woche - die Amtsgeschäfte des
Oberbürgermeisters. Der Kalte Krieg hatte sich besonders nach der Währungsreform
vom Juni 1948 von den Ebenen der großen Politik auch auf die praktischen
Bereiche des täglichen Lebens ausgeweitet. Das auf beiden Seiten erkennbare
Bestreben, die gemeinsame Verwaltung aufzugeben und separate Wege mit dem Ziel
zu gehen, eigene Machtbereiche zu schaffen, nahm immer deutlichere Konturen an.
Am 27. August 1948 sollte in dem im Ostsektor gelegenen Neuen Stadthaus in der
Parochialstraße eine Sitzung der Stadtverordnetenversammlung stattfinden. Es kam
zu Ausschreitungen und Krawallen. Unter den duldenden Augen der Polizei
behinderten kommunistische Demonstranten gewählte Volksvertreter am Betreten des
Gebäudes; Tumulte im Tagungsraum machten die Sitzung unmöglich. Ein Versuch, die
Sitzung am 6. September nachzuholen, scheiterte erneut an massiven Störaktionen.
Stadtverordnetenvorsteher Otto Suhr sah keinen anderen Ausweg, als die Tagung in
das Studentenhaus der im britischen Sektor gelegenen Technischen Universität zu
verlegen. Die SED-Abgeordneten leisteten dieser Maßnahme keine Folge. Auch Teile
des Magistrats wechselten schließlich in die Westsektoren der Stadt über.
Am 30. November 1948 fand im Admiralspalast eine von der SED einberufene
Kundgebung statt. Auf ihr wurde ein "provisorischer demokratischer Magistrat"
proklamiert. Als Oberbürgermeister wurde Friedrich Ebert (SED) eingesetzt. Die
sowjetische Kommandantur erkannte den neuen Magistrat als einzig rechtmäßigen
an. Als Ferdinand Friedensburg seine Diensträume im Ostsektor betreten wollte,
wurde er von der Polizei daran gehindert. Zum 1. Dezember 1948 war die Spaltung
endgültig vollzogen.
Mit diesem Datum ging auch für Ferdinand Friedensburg die Zeit als
Kommissarischer Oberbürgermeister zu Ende. Louise Schroeder nahm formell ihre
Amtsgeschäfte wieder auf, doch auch ihre Tage an der Spitze der Stadt waren
angesichts der bereits erwähnten Wahlen am 5. Dezember gezählt. Der Urnengang
zur Stadtverordnetenversammlung durfte nur in den Westsektoren stattfinden; für
den Ostsektor erließ der sowjetische Stadtkommandant, General Kotikow, ein
Verbot. Obwohl die Wahlen der SPD einen haushohen Sieg brachten (64,5 Prozent),
wurde die mit der CDU und der LDP bestehende Koalition fortgesetzt. Ferdinand
Friedensburg gehörte der neuen Stadtregierung wieder als Bürgermeister an. Nach
erneuten Wahlen am 3. Dezember 1950 sah er jedoch keine Möglichkeiten mehr,
seinen eigenständigen politischen Auffassungen hinsichtlich der Notwendigkeit
einer Verständigung mit der Sowjetunion als Voraussetzung dafür, Konfrontation
und Spaltung abzubauen, eine Chance zu geben; zu sehr war der Kurs der
Westintegration bereits festgezurrt und nicht mehr zu verrücken. Er zog die
Konsequenzen daraus und stand für eine Mitarbeit im neuen Senat nicht mehr zur
Verfügung.
Ferdinand Friedensburg blieb der Politik verbunden, wenn auch nicht mehr in
exponierter Stellung. Er zog als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag und ins
Europa-Parlament ein. Verstärkt widmete er sich nun wieder seiner Arbeit als
Wissenschaftler. Seine ganze Kraft galt dem Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung, dem er als Leiter vorstand und das er zu einem
profilierten Institut für die wirtschaftswissenschaftliche Grundlagenforschung
ausbaute. Auch seine wissenschaftliche und akademische Tätigkeit auf dem Gebiet
des Bergbaus kam nicht zu kurz. Als ein international anerkannter Fachmann und
Verfasser zahlreicher Standardwerke übernahm er Lehraufträge und verfasste
wissenschaftliche Arbeiten zu berg- und hüttenmännischen Themen.
Ab 1953 war er auch Honorarprofessor für Bergwirtschaft an der TU
Charlottenburg. Geehrt wurde Ferdinand Friedensburg mit dem Ehrendoktor der
Wayne-Universität, der Universität Detroit und der Columbia-Universität New
York. Ferdinand Friedensburg wurde am 2. August 1956 das Große Verdienstkreuz
mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Das
Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband wurde ihm am 17. November 1961
verliehen. Am 20. Oktober 1971 wurde Ferdinand Friedensburg in Anerkennung
seiner Verdienste auf politischem und wissenschaftlichem Gebiet für die Stadt
zum Ehrenbürger West-Berlins ernannt. In der Ehrenurkunde des Senats und des
Abgeordnetenhauses wurde dem Mann gedankt, "der als Bürgermeister von
Groß-Berlin mit großem persönlichem Mut den totalitären Bestrebungen nach 1945
größtmöglichen Widerstand entgegengesetzt und diesen Kampf nach der Spaltung
unserer Stadt überzeugend und selbstlos fortgesetzt hat."
Hochbetagt, im Alter von fast 86 Jahren, verstarb
Ferdinand Friedensburg am 11. März 1972 in Berlin.
Am 17. März 1972, nach einer
Trauerfeier im Vestibül des Rathauses Berlin Schöneberg, bei der sich Angehörige
und bekannte Politiker unter Würdigung seiner langjährigen Verdienste und unter
dem Geläut der Freiheitsglocke von ihm verabschiedeten, wurde er, unter Geleit
einer Ehrenformation der Berliner Bereitschaftspolizei, auf dem Friedhof Berlin Nikolassee, zu den Klängen des Deutschlandliedes des Berliner Polizeiorchesters,
beigesetzt. Es war Staatstrauer angeordnet....... |